Text: Ingo Kahle, Foto: Ad Konings (Siehe unten).

Über Genderstudies, Evolutionsbiologie
und wirkliche Probleme.

 

Ob in den USA, in Großbritanien oder in Deutschland – immer wieder werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran gehindert, an den Universitäten über ihre Arbeit zu berichten. Lautstarke Minderheiten gefährden die Wisssenschaftsfreiheit. In der gesamten Öffentlichkeit tobt ein Kulturkampf um das Sagbare. Ein Beispiel: An der Berliner Humboldt-Universität wurde im Juli 2022 ein Vortrag der Biologie-Doktorandin Marie-Luise Vollbrecht über Zweigeschlechtlichkeit abgesagt. Eine kleine Gruppe „kritischer Juristen“ hatte im Verbund mit der Studentenvertretung Proteste angekündigt. Daraufhin sagte die Universitätsleitung den im  Rahmen der „Langen Nacht der Wissenschaften“ geplanten Vortrag – aus Sicherheitsgründen, wie es hieß – zunächst ab. Man findet ihn nunmehr auf youtube. Es sind biologische Selbstverständlichkeiten, gewissermaßen erstes Semester Biologie. Worauf der Protest eigentlich zielt, ist die Haltung Vollbrechts zum Thema Transsexualität. Kurz zuvor hatte sie in der WELT zusammen mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine Studie und einen Aufruf zum – wie das zugleich veröffentlichte Dossier belegt – journalistisch fragwürdigen Umgang der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von ARD und ZDF mit dem Thema Transsexualität veröffentlicht. Dass die Zahl der registrierten Fälle von Genderdysphorie (*Siehe unten) in den letzten 10 Jahren geradezu explodiert ist, hat ganz sicher damit zu tun, dass dieses Thema in den Medien – beginnend bereits im Kinderprogramm der öffentlich-rechtlichen Anstalten – prominent und vielfach eben unkritisch vertreten ist.

Für Transsexuelle, einem Teil der LSBTTIQ-Bewegung ist Zweigeschlechtlichkeit ein Kampfbegriff. „Kampf“ ist wörtlich zu nehmen. Jeder, der die wissenschaftlich fundierte Ansicht vertritt, in der Natur gebe es nur zwei Geschlechter, müsse am besten mundtot gemacht werden. Das ist eine ernste Gefahr für die Meinungs- und die Wissenschaftsfreiheit. Bekämpft werden sogar die Feministinnen Alice Schwarzer und Chantal Louis, die sich in ihrem Buch „Transsexualität“ gegen die Pläne der Berliner Ampel-Koalition richten, allen Deutschen ab dem Alter von 14 Jahren, also auch Jugendlichen mitten in der Pubertät, das Recht einzuräumen, ihr Geschlecht und ihren Vornamen künftig selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern zu dürfen. Bei der Vorstellung eines Eckpunktepapiers wiesen die Minister Marco Buschmann (FDP) und Lisa Paus (Grüne) ausdrücklich darauf hin, dass ihr geplantes Gesetz keine Festlegung hinsichtlich etwaiger „körperlicher geschlechtsangleichender Maßnahmen“ enthalten werde. Diese würden weiterhin auf Grundlage fachmedizinischer Regelungen entschieden.

Das Thema Transsexualität verdient eine breite, ergebnisoffene öffentliche Debatte. Sie muss frei sein von einem Missverständnis: Nicht jeder, der sich gegen solche Pläne richtet, nicht jeder, der die naturgegebene Zweigeschlechtlichkeit betont, will Transsexualität diskreditieren, diese Menschen also diskriminieren. Wenn dies jedoch jeweils sofort unterstellt wird und Debatten verhindert werden, bedeutet dies das Ende jeglicher Diskussion. Das halte ich für eine fatale Entwicklung öffentlicher und vor allem wissenschaftlicher Diskurse. -ika-

Mein Aufsatz:

Über die dahinterstehenden Gender-Theorien versus den Erkenntnissen der Evolutionsbiologie, gemessen an den wirklichen Problemen, vor denen die junge Generation heute steht, habe ich bereits 2019 einen Aufsatz geschrieben, der nach wie vor eine hohe Aktualität aufweist. Im Juli 2022 habe ich ihn aktualisiert.

Aufsatz-Download hier. (428 KB)

 

Zum Titelfoto:

Prof. Axel Meyer

Prof. Axel Meyer. Foto; Katharina Lütscher.

Forschung zur Genomik von Artbildung, Anpassungen, Partnerwahl und Geschlechtsbestimmung im Labor von Prof. Axel Meyer an der Universität Konstanz. Meyers Buch „Adams Apfel und Evas Erbe“ wird in meinem Aufsatz vielfach zitiert. In Prof. Meyers Labor wird geforscht zur Genetik des Farbpolymorphismus (Kratochwil et al. 2022 Nature Communications) und der Partnerwahl. Bei den gezeigten Fischen der Art Amphilophus xiloensis aus dem Xiloá Kratersee in Nicaragua paart sich Gold in der Regel mit Gold und Dunkel mit Dunkel. Das Foto von Ad Konings zeigt eine Ausnahme: ein dunkles Männchen und ein goldenes Weibchen, das seine gemeinsame Brut pflegt und verteidigt. Man sieht im Hintergrund hunderte von vor wenigen Tagen geschlüpften Babies. „Wir wissen auch“, schreibt mir Prof. Meyer, „wie das Geschlecht in diesen Fischen bestimmt wird – eine Duplikation des AntiMullerian Hormon Rezeptors amhr2. (Nacif et al. 2022 Molecular Ecology.)“ In meinem Aufsatz zitiere ich eine Autorin des Deutschlandfunks, die Prof. Meyer im Grunde vorwirft, er habe keine Ahnung von „Gleichstellung“ von Frauen und Männern, da er ja schließlich an Fischen forsche. Die Journalistin hatte sein Buch offensichtlich nicht gelesen und ist auch wissenschaftlich ahnungslos hinsichtlich der Bedeutung von Forschung an Fischen für Erkenntnisse zum Beispiel für die Medizin. .

 

*Genderdysphorie: 

Kennzeichen der Genderdysphorie ist eine Identifikation mit einem anderen als dem biologischen Geschlecht. Der Wunsch, als ein anderes Geschlecht zu leben, ist oft mit Ängsten und Depression verbunden. Vertreter der LSBTTIQ-Menschen – in allen Populationen der Welt jeweils etwa fünf Prozent der Bevölkerung – propagieren, man könne und solle sein Geschlecht frei wählen. Ob pubertierende Jugendliche eine solche Entscheidung von großer Tragweite zu treffen in der Lage sind, stellen Alice Schwarzer und Chantal Louis in Frage. Im Iran kann man beobachten, dass homosexuelle, wenn sie mit einem Partner zusammenleben wollen, gezwungen sind, eine operative Veränderung ihrer äußeren Geschlechtsmerkmale vornehmen zu lassen und insgesamt äußerlich ein anderes Geschlecht zu leben. Darauf spezialisierte Chirurgen verdienen eine Menge Geld daran. Viele dieser – meist Männer – sind nach dieser „Geschlechtsumwandlung“ todunglücklich in dieser erzwungenen Geschlechterrolle. Genau genommen wird das Geschlecht ja nuicht „umgewandelt“. Das Geburtsgeschlecht bleibt erhalten, nur der menschliche Geist wähnt sich in einem anderen Geschlecht. Aber das so auszusprechen würde Transsexuelle auf die Palme bringen. In meinem Aufsatz berichte ich darüber, wie das Menschen-Experiment eines US-amerikanischen „Arztes“ tragisch endete, nämlich mit dem Suizid beider Zwillingsjungen. Gleichwohl wurde das fatale Experiment des John Money an den Zwillingen Reimer auch von der Feministin Alice Schwarzer immer wieder als Beweis dafür herangezogen, dass Geschlecht eine Zuweisung und keine biologische Tatsache sei; dem alten feministischen Glaubens-Grundsatz der französischen Schriftstellerin Simone de Beauvoir folgend, wonach man nicht als Frau geboren, sondern erst dazu gemacht werde.

Stichworte: Gender Studies, Evolutionsbiologen, Axel Meyer, Andreas Rödder, Armin Nassehi,  Judith Butler, Gaby Mayr, Alice Schwarzer, John Money, Ulrich Kutschera. Jörg Baberowski, Donald Trump. Gender Mainstreaming, Gleichberechtigung, Gleichstellung von Frauen,  Zukunft der junge Generation. Babyboomer. Wohlstand.